top of page

Toxische Beziehung

  • Autorenbild: Laila Marti
    Laila Marti
  • 8. Apr.
  • 4 Min. Lesezeit

Der Begriff "Toxische Beziehung" ist in aller Munde, doch was ist es überhaupt?


Meiner Meinung nach sind etwa 90% aller Beziehungen nicht auf Liebe basierend, sondern auf irgend einer Art von Abhängigkeit. Sei es finanziell, materiell oder weil der eine vom anderen auf der Beziehungsebene etwas bekommt, was er ohne ihn eben nicht bekommen würde. Und mit grosser Wahrscheinlichkeit auch nicht wirklich braucht für sein Seelenwohl.


Man kann sich jetzt fragen, ob jede toxische Beziehung mindestens einen Narzissten beinhalten muss? Ich glaube, dass sich auch zwei psychopathologisch völlig gesunde, oder undiagnostizierte Menschen das Leben genauso schwer machen können, wie wenn einer oder beide davon narzisstisch angehaucht sind. Lies doch dazu auch meinen Beitrag "Das Leben mit narzisstischen Eltern", der Dir einen kleinen Einblick gibt zum Thema Narzissmus gibt und schon bald online ist.


Nun, was passiert denn jetzt in einer toxischen Beziehung? Nehmen wir mal als fiktives Beispiel: Sylvia und Roland. Sylvia ist das älteste von 6 Kindern und mittlerweile 53 Jahre alt. Ihre Mutter selbst wurde als Kind weggegeben weil sie nicht gewollt war. Die Mutter wollte keine Kinder, hat dann aber doch geheiratet und 6 Kinder zur Welt gebracht. Weil man das eben früher so machte. Ihr Ehemann, der Vater von Sylvia, war dem Alkohol verfallen und hatte mit dem Nachwuchs nicht viel am Hut. Sylvia war verantwortlich für ihre Geschwister und hat schon früh die Rolle der "Beschützerin" übernommen.


Durch ihre Vergangenheit, der Absenz von Liebe und Geborgenheit und dem Versuch, immer allen alles recht zu machen, hat Sylvia ein grosses Bedürfnis entwickelt zu "gefallen". Sie musste schon immer etwas aufs Gewicht achten und hat sich immer auf 50, 52kg runtergehungert, um ja "perfekt" auszusehen. Weil ihre Schwestern oft für ihr Aussehen gelobt wurden. Nur Sylvia durfte keine Röcke tragen, weil sie zu dicke Oberschenkel hatte. Ohne Make-Up geht sie nicht aus dem Haus, die Haare sind immer perfekt gestylt, der Lippenstift zu jeder Zeit makellos nachgezogen. Mit 25 lernt sie einen Mann kennen, der später ihr Ehemann und der Vater ihrer Kinder werden soll.


Auch ihm versucht sie alles recht zu machen. Alles Geschirr ist perfekt eingeräumt, jede Gabel, jeder Löffel liegt perfekt in der Schublade. Die Kleider der Kinder sind bis auf die letzte Unterhose gebügelt und nach Grösse, Farbe und Jahreszeit in den Kleiderschränken verstaut. Dem Ehemann legt sie jeden Morgen frische Socken, Unterhosen, Hosen und passendes Hemd mit Krawatte bereit. Dafür erwartet sie nicht "viel", wie sie selbst sagt. Nur etwas "Dankbarkeit" wäre ab und zu angebracht.


Doch da kann sie lange warten. Denn sie hat sich einen Mann ausgesucht, der selbst keine Anerkennung, Liebe und Zuneigung erfahren hat in seiner Kindheit (mehr dazu in meinem Blogbeitrag "Warum gerate ich immer an den Falschen?").

Das führt dazu, dass Sylvia sich immer mehr anstrengt, ihm zu gefallen. In ihrem Erscheinungsbild, in der Kindererziehung, in sexueller Hinsicht. Sie macht Sachen, die sie eigentlich gar nicht will, nur um ihm zu gefallen. Und im Gegenzug erhält sie: nichts. Kein liebevolles "in-den-Arm-genommen-werden", keine Streicheleinheiten abends auf dem Sofa, kein kleines Dankeschön zwischendurch. Sie fühlt sich immer mehr vernachlässigt von ihrem Partner, der sie mit der Zeit immer mehr ignoriert. Weil er ihre "Dienstlichkeiten" als selbstverständlich ansieht und nicht versteht, was Sylvias innerstes Bedürfnis ist. Die Beziehung gerät aus den Fugen, Sylvia fühlt sich einsam, ausgenutzt und nicht verstanden. Es folgt die Trennung. Darüber sprechen konnten die beiden nie. Sie haben selbst nie gelernt, über Bedürfnisse zu sprechen oder Bedürfnisse überhaupt wahrzunehmen. Ich kann mir vorstellen, dass Sylvia bis heute nicht weiss, warum sie so ist wie sie ist. Das würde ihr die Möglichkeit geben, ihr Handeln zu überdenken und neue Verhaltensweisen in ihren Alltag zu integrieren.


Toxische Beziehung. Foto: Pixabay
Toxische Beziehung. Foto: Pixabay

Ein anderes Beispiel ist Melina, eine 25jährige Bankerin die kürzlich von ihrem Freund verlassen wurde. Die Trennung kam so plötzlich, dass es sie regelrecht aus den Schuhen geworfen hat. Ihre Eltern haben sich in ihrer frühen Kindheit getrennt und sie sehnt sich nach einer männlichen Bezugsperson. Sie meldet sich auf einer Online-Plattform an, um Männer kennenzulernen. Spricht bei jeder Begegnung von der "grossen Liebe" und merkt nicht, dass sie nur benutzt wird. Sie fängt sogar an, sich kosmetisch und operativ behandeln zu lassen, um noch perfekter auszusehen. In der Hoffnung, so endlich einen Mann zu finden, der bei ihr bleibt und sie liebt für das, was sie ist.


Aber solange Milena nicht lernt, ihren eigenen Wert zu erkennen und zu verstehen, dass ihre Schönheit zum grössten Teil von innen kommt und nicht von Äusserlichkeiten, wird sie mit grosser Wahrscheinlichkeit immer wieder in toxischen Beziehungen landen. Beziehungen die immer wieder die selben Muster zeigen. Genau wie bei Sylvia.


Toxische Beziehungen sind also Beziehungen, die nicht auf Liebe, sondern auf Abhängigkeiten beruhen. Abhängigkeit nach Aufmerksamkeit, nach Wertschätzung, nach Geborgenheit, die ich mir (noch) nicht selbst geben kann. Ich brauche jemanden von aussen, der mir das gibt, was mir fehlt. Und eine Beziehung die darauf basiert, dass ich eine Lücke in mir füllen muss durch jemanden im Aussen, ist immer zum Scheitern verurteilt. Weil wenn dieser Jemand nicht da ist, geht es mir schlecht. Ich kann nicht ohne ihn leben. Ich lasse ihn nicht alleine in den Urlaub reisen weil ich eifersüchtig bin, weil ich es ihm nicht von Herzen gönne, weil ich Angst habe, dass er eine andere kennenlernt.


Eine Beziehung, die auf Liebe basiert, ist genau das Gegenteil. Es ist eine Ergänzung meiner selbst und beflügelt mich in meiner Entwicklung. Die Beziehung lässt zu, dass sich jeder Partner zu seinem Seelenwohl und nach seinen Vorstellungen entwickelt. Sie lässt zu, dass ich meinen Partner alleine ins Ausland reisen lassen kann und mich mit ihm freue für dieses Abenteuer und diese Lebenserfahrung. Sie lässt zu dass ich ihn im Ausgang aus den Augen lasse und nicht wie eine Furie auf ihn zurenne, wenn er mit einer fremden, hübschen Frau an der Bar steht und mit ihr spricht. Eine Beziehung, die auf Liebe basiert, lässt Abstand zu. Weil ich in mir selber ruhe und weiss, wer ich bin, was ich brauche und wie ich es mir selber geben kann.


Viele toxische Beziehungen kommen überhaupt zustande, weil wir alte Verletzungen aus unserer Kindheit mit uns rum tragen. Teilweise sind wir uns dieser Verletzungen gar nicht bewusst und kommen einfach immer wieder ins selbe Fahrwasser. Lies in meinem Blogbeitrag "Warum gerate ich immer an den Falschen", was neurologisch dahinter steckt und wie Dir Kinesiologie dabei helfen kann, diese alten Verletzungen loszulassen und dich auf neue Abenteuer begeben kannst.



 
 
 

Comments


bottom of page